In einem wunderbaren Land

Vor gar nicht allzu langer Zeit

War ein Mann sehr bekannt

Von dem sprach alles weit und breit

Und diese Biene dieser Mann, den ich meine, nennt sich Winni

Kleiner, frecher, schlauer Winni

Und Winfried „Winni“ Kretschmann, el Minischterpresidente from Bäden Württemberg, heißt uns seit geraumer Zeit alle „Willkommen in The Länd“

Ach Du heiliges Blechle.

In der nur 21 Milliönchen teuren Kampagne, die selbstverständlich von der – wer hat’s erfunden? – einzigen in Deutschland supergeilen namentlich bekannten relevanten Werbeagentur Jung von Matt erdacht wurde, geht’s darum dem Länd ein internationales, innovatives Image zu verleihen und ausländische Fachkräfte anzulocken. Wobei Ausland ja alles was außerhalb Baden Württembergs liegt, meint.

Übrigens wird gemunkelt, dass es The Länd heißt, weil die ausländischen Spitzenfachkräfte nur schwer „Baden Württemberg“ aussprechen können. Lieber Winni, liebe Herrschaften von Jung von Matsch Matt, die Aussprache isch ned desch Problemle in Badem Würtenberg.

Frage mich, warum das Land nicht ohnehin Schwaben Baden (kurz: SchwabBad) heißt. DAS wäre doch mal eine supergeile Jung von Mattsche Kreatividee gewesen. Und hätte vermutlich auch bisschen weniger gekostet. Zu spät, diese Idee war 3, 2, 1… meins und ist damit vom Kreativmarkt. Würde Jung von Matt nicht in Stuttgart, sondern im Land der Frühaufsteher aka Sachsen – Anhalt firmensitzen, wären sie da vielleicht früher draufgekommen. #derfrühevogelundso

Nun braucht es aber in The Länd und drumherum nicht nur ausländische, sondern generell, Fachkräfte, weil sonst selbiger Mangel nicht Unwort des Jahres 2015 – 2022 hätte werden können und dann wäre es womöglich alternativlos.

Dabei lässt sich das Problem des Fachkräftemangels ganz easy lösen:

Erstens mal die Definition überarbeiten (dank eines in meinem Leben ansonsten recht unnützen Doktortitels in Mathematik kenn ich mich mit Definitionen aus):

Liebe Human Resources Fachkraft, die Du Dir sehnlichst Bewerber:innen wünschst, die Dich endlich mal wieder so richtig vom Hocker hauen und Schwung in Deinen tristen Arbeitstag bringen, an dem Du bisher nie wirklich richtig was geschafft bekommen hast, weil Du Dich morgens erst durch 230 neue Bewerbungsunterlagen kämpfen und die allerschlimmsten aussortieren musstest:

Oh was, da ist eine 1,5-tägige Lücke im Lebenslauf? Weg! Oh, da wurde fancy Calibri statt Arial im Anschreiben verwendet? Weg! Oh, der Kandidat:in kommt nicht aus The Länd? Weg damit! #truestories,

lass mich Dir und Deinem Boss:in sagen: nur weil Du statt wie bisher 87 Bewerbungen inklusive 87 dieser lächerlicher vor Motivation und brennendem Verlangen nach einem Arbeitsplatz in Eurer, irgendein bekacktes superwichtiges Fahrzeugteilchen herstellenden Butze, strotzenden Anschreiben nur noch 20 Stück pro Tag bekommst, herrscht noch lange kein Mangel!

Mangel is, wenn zu wenig von etwas da ist. 20 pro Tag ist nicht zu wenig! Zuzüglich der vorab aussortierten Bewerbungen und derer, die sich erst gar nicht beworben haben, weil die Stellenausschreibung dermaßen utopisch ist, dass selbst ein kompetenter, aus Bayern stammender Verkehrsminister realistischer wäre, herrscht in unseren Firmen weder Fach- noch Kräftemangel.

Ich weiß natürlich, das da draußen auch die richtig guten Personaler:innen sind, hatte das große Glück selbst welche kennenlernen zu dürfen (sind direkt in Personalunion gegangen ;-)). Falls Du also auch eine:r von den Guten bist, musst Du allerdings bisschen aufpassen, denn die Guten sterben, wie auch die ganz Großen, immer zu früh! Es kann aber auch sein, dass Dein Unternehmen aus The Länd kommt und da MUSS Mangel herrschen, sonscht hätten Winni and his Fränds schließlich keine 21 Millionen (über 3 Jahre verteilt, das war dem Budgetminister auf der Pressekonferenz ganz wichtig zu betonen, weil 7 Millionen einfach so so krass viel weniger klingt…äh…häh?) für Fachkräfteanlockung rausgehauen.

Der zweite Punkt (jepp, war hier mal ne textlich etwas aus dem Ruder gelaufene Aufzählung) ist, unser Fachkräftemangelproblem wäre nur halb so mangelhaft groß, wenn wir nicht das Ausbildungsland Numero Uno wären! Denn in Deutschland brauchst Du für alles eine Ausbildung. Und zwar eine mehrjährige. Und eine, die aus Deutschland ist.

In Syrien Ingenieur gewesen und schwipp schwapp schwupp mal schnell mit ner hübschen Yacht nem Schlauchboot übers Mittelmeer geschleppert geschippert, brauchste nicht glauben, dass Du bei Porsche, Mercedes oder irgendeinem anderen random fachkräftebemangelten Betrieb in- und außerhalb von The Länd auch nur eine Schraube vom Bürostuhl des Pförtners nachziehen darfst. #schraubelocker

Aber selbst zum Kuchenbacken brauchste hier ne Lizenz. Also Kuchenbacken darfste schon, aber nicht verkaufen. Außer in Deinem eigenen Café. Denn da kommen die Leute hauptsächlich zum Kaffeetrinken und nicht zum Kuchenessen hin. Kuchen ist da quasi nur Deko für Deinen 4,80€ Bio Hafermilch Lattoccino. Will jemand Deinen Kuchen mitnehmen oder bestellt jemand eine Torte bei Dir z.B. für den 7 Millionen pro Jahr schweren Kampagnen Launch von Onkel Winni, machst Du Dich strafbar!

Högscht illegal also was da auf den Kuchenbasaren sämtlicher Marienkäfer-Glücksbärli Kitas im Land abgeht.

Aber gut, drücken wir mal ein Auge zu, weil Muttis, die sich um die Fachkräfte von morgen kümmern, sind wichtig! Denen können wir nun wirklich nicht noch verbieten sich Mittwochabends nach nem 14 Stunden Tag unbezahlter Care-Arbeit für die 3 Kids in die Küche zu stellen, wo sie die Dr. Oetker Papageikuchen Fertigmischung zusammenrühren, für den moralisch wichtigen Selbstgemacht-Look noch schnell Zuckerguss und Smarties drauf werfen, nur um selbigen 2,99€ Kuchen am nächsten Tag beim Kita Sommerfest für 2,50€ das STÜCK zu kaufen. #muttiistdiebeste

Für alle anderen gilt: gelernte:r Konditor:in musste sein und zwar mit Meisterbrief! Scheißegal ob Du die weltschönsten, filigranen französischen Tartelettes mit saftigen Himbeeren, ready-to-die oberfluffigen Cheesecake oder die schokoladigsten triple-choc Brownies on earth backen kannst und ob Deine Torten wie die krassen Back-Kunstwerke von Deutschlands besten – Achtung, ganz ganz wichtig – HOBBYbäckern von „Das große Backen“ aussehen, hallo Fachkräftemangel, Meisterbrief brauchste. #backebackemeisterkuchen 

Volle Fachkraft voraus!

Leider wird sich das bei uns auch nicht so schnell ändern, denn haste Dich einmal 3 Jahre Deines jungen Lebens durch die Konditormeisterausbildung gebacken und dabei tagein, tagaus Plunderteilchen und den Kassenschlager Quadratmeter-große Sahneschnitte mit Dosenmandarinen und Glibberüberzug gebacken, während Du Worte wie Ombré Torte, Cronut und Sprinkle Fault Line Cake erst dem Meister googlen buchstabieren musstest, findeste das natürlich doof, wenn da plötzlich jemand kommt und die richtig geilen Torten bäckt OHNE sich vorher 3 Jahre Gelatine-Sahne-Horror gegeben zu haben. Wenn ich es schon so schlecht hatte, dann soll es auch kein anderer besser haben. #backenmachtglücklich

Selbst wenn der Kunde sogar offen für „mal was Neues“, für Friseur-likes „mal was Pfiffiges“, oder für „mal was über den Deutschen Tellerrand hinaus Gehendes“ wäre, wird das nichts in The Länd und in se rest vom Länd.

In den Niederlanden hingegen, Land der Tulpen und Windmühlen, versteht man nicht nur was von leckeren Keksen, sondern auch, wenig überraschend, von Blumen. Willst Du in Holland Florist:in werden, dann gehste zu einem Blumenladen und bist Florist:in lernst dort vom Inhabenden alles über das Floristikhandwerk. Willst Du aber mehr als nur Grabgestecke und Blumensträuße für jeden Anlass binden, willst Du Kunstwerke aus Blumen erschaffen, florale Installationen kreieren und blühende Objekte designen, dann studierst Du Floral Design. Jahahah, Studium! In Holland. Mit Flower Lovers aus aller Welt. And in English of course.

Der Liebe wegen zurück im Hast-Du-gefälligst-auch-3-Jahre-eine-Ausbildung-gemacht? – Land Deutschland bewarb ich mich nach dem Floral Design Studium sogleich beim örtlichen Blumenladen und kam zum Probearbeiten. Ich sollte einen österlichen Kranz binden. Die Inhaberin schlug die Hände über dem Kopf zusammen über mein filigranes Kunstwerk, welches mit ihrer Vorstellung wie ein g’scheiter Frühlingskranz hier bei uns in The Länd Bayern frei auszuschauen hat, gell, so gar nicht zsamm‘ passte.

Von wegen basst scho! Nope, denn mia san ja mia, ganz besonders bei unseren Freunden aus dem Königreich Bayern!

Es war mir ein innerliches Blumenpflücken als ungelogen keine 5 Minuten später eine Kundin den Laden betrat, meinen Osterkranz kaufte und dazu noch sagte: „Hach wie schön, so zart und mal was ganz anderes, statt immer diese dicken, wurschteligen (ja DAS waren ihre Worte!) Buchsbaumkränze.“

Ich bekam den Job übrigens nicht. Nevermind! Ich heuerte stattdessen bei einem Holländischen Blumen StartUp an, das in Deutschland expandieren wollte und gab für sie Blumen – Workshops. Da das StartUp in Deutschland noch recht unbekannt war, nahmen manchmal nur eine Hand voll Leute daran teil. Die Firma bestellte aber immer Blumen für die maximale Teilnehmerzahl und so waren am Ende immer noch viele Bouquets übrig. Die verschenkte ich dann am nächsten Tag an wildfremde Menschen und machte allen eine Freude. Weil Blumen einfach glücklich machen. Ob jetzt mit oder ohne 3-jährige Ausbildung. #istnichtallesschlechthier

Noch schlimmer als der Ausbildungszwang für alle handwerklichen Berufe ist es nur, wenn Du Künstler:in werden willst. Du bist (bitte google exemplarisch mal Andi Fischer) praktisch im Alter von 3 Jahren, sobald Du einen Wachsmalstift halten kannst, fertig ausgebildet und kannst Millionen machen.

Ok, Deine Eltern müssen vorher noch das billige Malpapier vom 1-Euro-Shop durch 2×3 Meter große Leinwände und die Wachsmaler durch Ölkreide ersetzen und für Dich in drei ordentlichen Sätzen aufschreiben, was Du Dir bei Deinen Kunstwerken gedacht haben könntest, aber dann bist Du soweit.

Ok, fast. Denn da Du – Du bist ja erst 3 Jahre alt – nicht Kunst bei irgendeinem Prof. Dr. Dr. Hintz & Kunst (vorzugsweise in Hipster Berlin oder Heititei Düsseldorf) studiert hast, wird Dich leider keine Galerie der Welt unter Vertrag nehmen. Auch nicht, wenn Du jetzt schon 33 bist und bisschen besser malst als damals mit 3 Jahren.

Hast Du Kunst studiert, heißt das natürlich nicht automatisch, dass Du Taxi fährst davon auch leben kannst, aber ohne Studium kannste direkt vergessen. Es sei denn, Du findest die Kunst- und Galerieszene eh doof und machst daraus ein Banksy-eskes Underground Phänomen. #agalleryisabadplacetolookatart

Ok, wenn nicht Handwerksberuf, syrischer Ingenieur, mangelnde Fachkraft und Künstler:in, was dann? Wie wäre es mit den beiden besten Jobs der Welt, zumindest was den Anforderungs – Bezahlungs Index (ABI) angeht und für die Du keinerlei Ausbildung brauchst?

Da hätten wir zum einen die Edel – Protokollantin. Ich wurde mal über ein Jahr dafür bezahlt alle 2 Wochen vom Chiemsee, wo ich seiner Zeit wohnte, zu einem großen Konzern, Firmensitz ohne Witz in The Länd, zu fahren um dort bei einem 1-stündigen Meeting Protokoll zu führen.

Trotz jahrelanger Ausbildungs- und Studienjahre hatte offenbar niemand Bock war offenbar niemand dort geeignet genug, diese Aufgabe zu übernehmen. Ging um die neue Image-Kampagne für ein Bundesland, glaub ich… . #strenggeheim.

Für den Job gab es dann zuzüglich Reisekosten und Spesen einen Tausender pro Protokoll. Bester ABI!

Man sollte den Kindern sagen, dass ein guter ABI statt gutes ABI wichtig ist! #kABItalsimus (wollte schon immer mal nen richtig guten ABI Slogan raushauen!)

Dieser Anforderungs – Bezahlungs Index wurde nur noch durch meinen darauffolgenden besten Job der Welt getoppt. Da habe ich nämlich unausgebildet, aber hochbezahlt, Cocktails, Theaterbesuche & Halligalli gepflegte Abendunterhaltung für Betriebsräte organisiert. Und das Beste war, Du hast das nicht nur organisiert, sondern konntest auch das komplette Programm selbst mitmachen – bezahltes Cocktailtrinken bezahlte kulturelle Weiterbildung sozusagen. Großartig! Und man ist auch mal aus The Länd raus gut rumgekommen. #traumjob

Heute organisiere ich immer noch die Cocktails, allerdings nur noch für mich selbst in Ermangelung eines fachlich qualifizierten Mitarbeitenden, der diese Aufgabe professionell für mich übernimmt. Das ist Fachkräftemangel! 😉 Sobald der Blog aber so viel Gold abwirft um meine erste Mitarbeiterin einzustellen, werde ich die Stelle der professionellen Cocktaildesignerin ausschreiben. Leider ist diese Stelle aber schon vorher besetzt, denn es muss Betty aus der weltbesten Cocktailbar im Moselschlösschen in Traben-Trarbach sein. Dann aber käme ich vermutlich nicht mehr zum Blogschreiben, weil ich permanent besoffen so verzückt von ihren unglaublich kreativen Kreationen wäre und nur noch Cocktails verkosten würde. Das allerdings hört sich doch fast nach einem neuen besten Job der Welt an, oder?

Love, Tini